Ein Hauch von Zupfgeigenhansel, Minne, Chanson und Soul mit Band Chapeau im Zerbster Bibliotheksgarten

 Ein Hauch von Zupfgeigenhansel, Minne, Chanson und Soul mit Band Chapeau im Zerbster Bibliotheksgarten

von Annegret Mainzer, Zerbst

DSCN3442Altbewährtes bedarf keines auffallenden Glamours oder zusätzlich teurer Technik. Um Altbewährtes wie Volkslieder sowohl im traditionellen wie auch im neuen, manchmal ungewöhnlichen Gewande zu präsentieren, verlangt eigentlich „nur“ nach stimmlicher Begabung, solider musikalischer Ausbildung sowie nach einem Schuss intuitiver und narrativer Kreativität. Alle diese Elemente lassen sich im Programm Volkslieder und andere, die es nicht sind der Band Chapeau wiederfinden, zu dem die Stadtbibliothek Zerbst/ Anhalt kürzlich in den Bibliotheksgarten eingeladen hatte.  Der  laue Sommerabend mit mildem Lüftchen sorgte ebenfalls dafür, dass etwa 75 Gäste der Einladung der Stadtbibliothek Zerbst/ Anhalt folgten. Das Publikum- vom schulpflichtigen Teenager bis älter und überwiegend weiblich- sowie die Künstler Max Heckel und Tabi Harzer wurden von der Leiterin der Zerbster Stadtbibliothek  Margitta Benecke  herzlich begrüßt.  Bereits im Jahr zuvor hatte die 2013 gegründete Band Chapeau ihren ersten Auftritt im Zerbster Bibliotheksgarten.

DSCN3433Wenn alle Brünnlein fließen – mit diesem deutschen Volkslied begann Chapeau den Abend in Zerbst. Max Heckel an der Gitarre und Tabi Harzer am Piano und beide mit vollem, vor allem gefühlvollem  Stimmeinsatz.

Max Heckel und Tabi Harzer sangen auch Lieder, die aus der Feder von Max Heckel stammen, die er so vor „etwa 20 Semestern schrob“, wie er selbst kommentierte. So auch ein Lied, das die zurzeit geforderte gendersensible Sprache und politische Sprachkorrektheit aufs Korn nimmt und laut Max Heckel keine ethnische Minderheit und ethnische Frauheit angreife –  ergo: ein diskriminierungsloses Lied:

Singe ich A, hintergehe ich B. Singe ich über den Winter, mobbe ich den Schnee.

Das bekannte Volkslied Kein schöner Land wurde sehr eigenwillig. d.h. mit Soulstimme von Tabi Harzer dargeboten, was das Publikum mit viel Beifall honorierte. Auch für scheinbar unscheinbare Programmdetails zeigt Max Heckel ein glückliches Händchen, so war zu beobachten, dass er beim Singen der Liedzeilen „in seiner Güte uns zu behüten“ , nicht vergaß die Augen gen Himmel zu richten.

DSCN3437Beim Singen des Liedes Wie schön blüht uns der Mai erinnerte Max Heckel an die Tradition der Minnesänger. Ein Kleidungsstück aus der Truhe Walthers von der Vogelweide hätte ihm sicherlich sehr gut gestanden und den Auftritt perfektioniert.

Vertonungen von lyrischen Texten von Theodor Kramer, Theodor Storm, Heinrich Heine und Goethe wurden von Max Heckel und Tabi Harzer auch zu Gehör gebracht. Besonders beeindruckend war dabei die Interpretation des Textes Andre, die das Land so sehr nicht liebten. Diesen Text schrieb  1938 der österreichische Sozialdemokrat Theodor Kramer und er wurde von Erich Schmeckenbecher vertont.  Bei dieser Darbietung bewies Max Heckel nicht nur sein musikalisches Talent, sondern auch seine Empathiebegabung, zumal ja das Lied von hoher Tagesaktualität ist. Sehr einfühlsam auch die instrumentale Begleitung durch Tabi Harzer.

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Die gesanglichen und instrumentalen Darbietungen lockerte Max Heckel durch eine vergnügliche und wortverspielte Moderation auf, wobei er sich auch nicht davor scheute, Vulgarismen, die aber keineswegs störend  wirkten, zu benutzen.

Ein weiteres Element dieses sommerabendlichen Programms bildeten die von Max Heckel geschriebenen Geschichten aus dem Alltag. Hierbei verrät sein Schreibstil, d.h. die grandiose Beherrschung der Vielschichtigkeit der deutschen Sprache den studierten Germanisten Max Heckel. Mit seinen Geschichten über  Erlebnisse in Raucherecken auf Bahnhöfen, mit gestressten Vätern im Zug löste Max Heckel beim Zerbster Publikum herzhaftes Lachen unter Tränen aus.

DSCN3447Natürlich entließ das Zerbster Publikum Max Heckel und Tabi Harzer von der Band Chapeau nicht ohne Zugabe. Diese gestaltete sich als eine Art musikalischer scripted Poetry-Slam – die scheinbare Spontanität wurde glaubhaft rübergebracht. Auch schauspielerisches Talent zeichnet die beiden sympathischen Musiker aus.

Fazit: Ein gelungener und wahrhaft unterhaltsamer Abend mit charmanten und interessanten Künstlern im leider zu selten genutzten Zerbster Bibliotheksgarten. Jederzeit eine Wiederholung gewünscht.

http://www.stadtbibliothek-zerbst.de/

Zerbst, den 18.08.2016  Annegret Mainzer